Neugestaltung Kammgarnhof
„GSPUNNÄ“
Schaffhausen

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Der Kammgarnhof steht zukünftig für eine einladende Zentralität & lebhafte Multifunktion. Seine Agilität spinnt die fortwährende Verwandlung als Teil einer neuen Konstanten weiter.
Die Neudefinition des Kammgarnhofs als frei zugänglicher Hof mit einer besonderen Rolle für die Stadt ist inspiriert durch seine einzigartigen örtlichen und räumlichen Eigenschaften. Das Herzstück des Hofes bleibt frei, während eine leichte, begrünte Struktur mit multiplen Ebenen seinen südlichen Rand definiert. Diese verbindet die Zufahrt der Tiefgarage mit dem Infrastrukturbau und der Bühne und ermöglicht temporäre Nutzungen. Diese Raumaufteilung schafft neue visuelle und räumliche Beziehungen zur Altstadt und zum Rhein.

Der Kammgarnhof ist wahrlich ein geschichtsträchtiger Ort. Vom klösterlichen Baumgarten und seinen Stadtmauern umschlossen, direkt am Rhein gelegen, transformierte sich der Ort in einen industriellen Hof der Kammgarnspinnerei mit unterschiedlichster Bebauung und schliesslich zu einem Parkplatz, ohne historischen Bezug.
In der Gestaltung des Kammgarnhofes gilt es die reichhaltige Geschichte des Ortes mit seinen Relikten der Vergangenheit wiederaufleben zu lassen und in die heutige Zeit zu übersetzen. Nicht zuletzt kann der Kammgarnhof wortwörtlich wieder zu einem Hof werden - multifunktional, lebendig und mit einer stärkeren Beziehung zur Altstadt und dem Rheinufer.
Der Kammgarn stellt den Abschluss der historischen Altstadt Schaffhausens dar und ist eingebettet in ein Gefüge aus park- und platzartigen Freiräumen. Dieses Freiraumgefüge gilt es mit der Gestaltung des Hofes zu vervollständigen. Als urban und vielseitig nutzbarer Innenhof trägt der Ort zur Belebung der Altstadt und des Rheinufers bei und kann das Freiraumangebot der Stadt nachhaltig aufwerten. Im Gegensatz zum parkartigen Moser-Garten oder dem platzartigen Herrenacker entsteht ein Hybrid, welcher den unterschiedlichsten Programmen und Ansprüchen der diversen Nutzergruppen gerecht wird und als Erholungsort zum Verweilen einlädt. Als multifunktionaler Begegnungsraum, der verschiedenen Nutzergruppen offensteht, ergänzt und erweitert der neue Platz die öffentlichen Freiräume der Altstadt. Mit der Neugestaltung entsteht ein einzigartiger Ort des pulsierenden Lebens mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten und Rückzugsebenen, der auf den Spuren der Vergangenheit aufbaut und einen modernen, urbanen Raum für unterschiedliche Aktivitäten und kulturelle Programme bietet. Ein begrünter Aufenthalts-, Entspannungs- und Kulturhof zwischen Altstadt und Rhein mit Ausstrahlungs- und Wiedererkennungscharakter.
Durch die Raumstruktur entsteht im Kammgarnhof eine freie, belebte Innenhofsituation. Von Fassade zu Fassade spannt sich der hindernisfreie Bewegungsraum aus ortstypischem, gesägtem Porphyr. Dieser lässt Raum für Fussgänger, Radfahrer und Anlieferung und schafft gleichzeitig einen attraktiven Ort für gastronomische Nutzungen entlang der Gebäudefassaden, welche den Hof zusätzlich beleben. Eine starke, chaussierte Mitte lässt durch seine offene und präzise Gestaltung ein breites Programm im Hofinneren zu und dient als zentraler Begegnungsort. Um die oval geformte chaussierte Fläche zieht sich ein Rinnsal aus Wasser, welches aus einem präsenten Brunnenelement gespeist wird und gleichzeitig als Entwässerungsrinne dient. Dieses fungiert als Trinkbrunnen und schafft einen eindrücklichen Charakter im Innenhof. Die bereits heute ortsprägende Rosskastanie erhält durch eine chaussierte Einrahmung eine stärkere Präsenz und erhält mit einer zusätzlich gepflanzten Rosskastanie einen jüngeren Partner und dient damit langfristig als Ersatz. Die Beschattung und der eindrückliche Charakter des Hofes wird durch die Pflanzung einer neuen Baumgeneration gesichert. Das Mobiliar des gesamten Hofes ist in grossen Teilen beweglich und kann von den Nutzenden nach ihren eigenen Wünschen angeeignet werden. Sitzbänke, Stühle und biodivers bepflanzte Pflanzkübel lassen einen gemütlichen Hofcharakter aufkommen, der zum Verweilen einlädt und als Austragungsort für diverse kulturellen Programmen dienen kann.
Mit der neu geschaffenen Raumstruktur erhält der Kammgarnhof seinen Hofcharakter zurück. Als leichte, begrünte Grossform schliesst sie den Hof gegen Süden. Dem Verlauf der historischen Stadtmauer folgend, erinnert das metallene Raumkonstrukt mit seinem schornsteinartigen Bau aus gefärbten Beton an die vergangene Nutzung als Spinnerei und Industrieareal. Die Raumstruktur erfüllt drei Hauptfunktionen. Zum einen dient die massive Steinkorbmauer als visueller „Rücken“ der sich schützend die Geräusche der vielbefahrenen Rheinuferstrasse zurückhält. Bei Konzerten und anderen geräuschintensiven Veranstaltungen wird eine Optimierung der Akustik im Innenhof aber auch eine Abschirmung für die Stadtbewohner:inner der anderen Rheinseite erzielt: Der Innenhof wird zu einer eigenständigen akustischen Zone. Das Erdgeschoss der Struktur verlängert den Innenhof optisch und lässt mit seinem treppenartigen Übergang subtil, fragmentiert wirkende Plattformen aus Beton entstehen. Diese schaffen zusätzlich zum Hof weitere multifunktionale Bereiche, die sich als Bühne, für temporäre Nutzungen oder zum einfachen Aufenthalt eignen. Eine Hauptbühne für grosse Konzerte lässt sich als Zusatzmodul mit der Strukur verbinden. Das Dach des einstöckigen Lagers mit Toilettenanlage, in Leichtbauweise ausgeführt und mit lasierter Vertikallattung geschlossen, bildet einen Balkon zum Kammgarnhof und kann als Rückzugsort oder bei Events als VIP-Zone dienen.
In die Struktur integriert sich auch die Einfahrt in die neu geschaffene Tiefgarage, welch als Kurve ausgebildet und mit halbhohen Mauern besäumt in den Einfahrtsbereich des Platzes mündet. Über Treppen oder den schornsteinartig ausgebildeten Lift lässt sich der begrünte Dachgarten erreichen, der als teils beschatteter Aufenthaltsort zum Entspannen mit Ausblick auf den Rhein einlädt. Die Höhe und Orientierung der Plattform ermöglicht Blicke in die Ferne und lässt eine optische Beziehung zum Wasser entstehen, sodass eine erfahrbare Nähe zum Rhein entsteht. Der Schornstein knüpft als Zitat an das industrielle Erbe der Kammgarnspinnerei an, verbindet vertikal alle Niveaus, beinhaltet das Lüftungssystem der Tiefgarage und verleiht dem Kammgarnhof als Landmark durch seine Dimension, Materialisierung und kommunikative Beleuchtung Ausstrahlungskraft über die Hofgrenzen hinaus.
Für Fussgänger und Radfahrer kann der Kammgarnhof künftig über vier Zugänge erreicht werden. Die neu geschaffene Passage des Westflügels zur Klosterstrasse stellt eine direkte Verbringung mit der Altstadt her. Die Passage an der Nord-Östlichen Fassade zur Baumgartenstrasse bleibt erhalten und schafft einen Weg zum Mosergarten. Auf den Spuren der alten Stadtmauer verlaufend wird ein neuer Zugang und eine Verbindung zur Rheinuferstrasse in Richtung des Rhybadi geschaffen. Sie dient als fussgängerfreudliche Verbindung zum Rheinufer und ist zentrale Verbindungsachse zwischen der Baumgartenstrasse bis hin zum Rheinufer. Um das Hofinnere vom fahrenden Verkehr freizuhalten entsteht an der südwestlichen Ecke ein koordinierender Knotenpunkt. Er dient primär als Einfahrt für PKW in die Tiefgarage und Zufahrt für Anlieferungen in den Hof und kann auch von Fussgängern und Radfahrern als Zugang in den Hof genutzt werden.

Die Tiefgarage bietet Platz für 100 PKWs. An den Erschliessungspunkten platzierte gedeckte Veloständer sowie eine am Lift- und Treppenkern der Tiefgarage gelegene Ladeinfrastruktur für E-Velos und -Autos ermöglichen den unkomplizierten Zugang für emissionsarme Verkehrsmittel. Die Garage bietet einen direkten Zugang zum Kammgarn-Westflügel und kann sowohl über zwei Treppenhäuser, als auch mit dem Lift erschlossen werden.

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Team:
Dost
Böe